Mittwoch, 24. Mai 2017

Albanien – wie Tag und Nacht

Von Montenegro aus zogen wir weiter nach Albanien, eines der ärmsten Länder Europas. Zunächst bemerkten wir den Länderwechsel kaum, fuhren auf betonierten Straßen und bewunderten die Natur. Zu unserer Rechten blickten wir nach wie vor auf den Skutarisee, der größte See der Balkanhalbinsel, an der Grenze zwischen Montenegro und Albanien. Auf einem großen, modernen Campingplatz am Ufer dieses Sees verbrachten wir unsere erste Nacht in Albanien.

Camping am Skutarisee

Doch schon am zweiten Tag änderte sich unser Eindruck von Albanien. Wir näherten uns Shkodra. In dieser Stadt herrschte Chaos! Die Straßen waren steinig, staubig und voller Schlaglöcher. Autos fuhren wild umher, ohne dass wir hier eine Straßenverkehrsordnung erkennen hätten können. Roller, Fahrräder und teilweise sogar Pferdekutschen drängten sich durch zwischen den anderen Verkehrsteilnehmern durch Verkehr. Teilweise – und zu unserem großen Erstaunen – wurden hier sogar Pferde anstelle von Lastwagen eingesetzt, z.B. um Zementmischer zu ziehen. Abgesehen von dem wilden Verkehr wimmelte es auf Shkodras Straßen nur so von kleinen Lebensmittelständen. Hier sind kleine Verkäufer also noch nicht den großen Supermarktketten zum Opfer gefallen. Außerdem sind die Menschen hier kontaktfreudig und warmherzig. Wir hatten fast schon den Eindruck, den europäischen Kontinent verlassen zu haben. Auch wenn es weiter im Norden im Landesinneren traumhafte Berge und Wanderwege geben soll, fuhren wir weiter in Richtung Tirana.

Shkodras Straßen

Tirana – bunte Fassaden und Bauarbeiten

Regendurchnäßt kamen wir mitten im Berufsverkehr in der Hauptstadt an, schlängelten uns bis zum Zentrum zwischen den vielen Autos und Gebäudeblöcken hindurch und freuten uns auf die Studenten-WG, in der wir uns für zwei nächste ein Zimmer gebucht hatten. Hier wohnten wir im siebten Stock, über den Dächern der Hauptstadt. Von hier aus blickten wir auf die vielen noch aus Zeiten der Diktatur stammenden Wohnblöcke, deren ehemals graue Fassaden 2010 vom damaligen Bürgermeister Edi Rama bunt gestrichen wurden. Hiermit wollte Rama der tristen Stadt der neues Gesicht geben, den Menschen wieder Mut machen und einen angenehmen Lebensraum schaffen. Momentan herrschen im Stadtzentrum Bauarbeiten vor, wodurch unsere Stadtbesichtigung nicht gerade sehr angenehm wurde. Menschenmengen drängten sich an der Absperrung entlang an den Sehenswürdigkeiten vorbei, um dann in einem der unzähligen Cafés der Stadt Platz zu nehmen und das wilde Treiben zu beobachten. 

Tirana von oben

Albaniens Süden

Dass der Norden Albaniens ärmer ist als der Süden, wussten wir schon längst. Dennoch waren wir erstaunt darüber, wie unterschiedlich Nord und Süd tatsächlich sind. Im Süden Albaniens – vor allem in Durrës und Vlora – herrschen Sandstrände vor. Hier sind vor allem Hotels (überwiegend leider Betonbauten), Bars und alles, was man sonst noch dem Sommertourismus zuschreibt, zu sehen. Die meisten Menschen, die hier arbeiteten, waren gerade mit Renovierungsarbeiten beschäftigt. Wir zählten hier wohl zu den ersten Touristen des Jahres!

Südalbanien

Besonders gefallen hat uns der südlichste Teil des Landes. Zwischen Vlora und Sarandë führte uns unser Fahrradweg größtenteils direkt an der Küste entlang. Hier wich der Massentourismus natursuchenden Campern, denen wir – auch jetzt schon, vor der Hauptsaison – auf den hügeligen Küstenstraßen begegneten. Unser EuroVelo 8 führte durch wunderschöne Wälder und Küstenorte. Auch hier waren die Menschen sehr herzlich. Dennoch wirkten Landschaften und Menschen anders als im Norden. Selbst die Sprache klang nicht wie das Albanisch, dessen Klang wir – ohne es zu verstehen – im Norden lauschen konnten. Ein Unterschied wie Tag und Nacht!

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